Aktuelles

Bericht von den Haushaltsberatungen im Gemeinderat am 21. und 22.11.23

Die Linke Fraktion

Über 2 Tage beriet der Gemeinderat über Anträge der Fraktionen zum städtischen Haushalt für die Jahre 2024 und 2025. Auch Sparmaßnahmen, die von der Stadtverwaltung vorgelegt worden waren, wurden besprochen und abgestimmt.

 

Im Vorfeld hatte unsere Fraktion bereits die Zielrichtung des von der Stadt vorgelegten Sparhaushalts kritisiert. Mathilde Göttel hielt für unsere Fraktion im Juli die Haushaltsrede und forderte eine lebenswerte Stadt für alle.

Auffallend viel Zeit bei den Beratungen beanspruchten einige vermeintlich kleine Themen: Die Streichung von Parkwertkarten für Gemeinderät*innen, ein zusätzlicher mobiler Blitzer, die Beleuchtung oder Nichtbeleuchtung von 2 oder 3 Weihnachtsbäumen und die Frage von kostenlosen Hundekotbeuteln wurden intensiv und ausführlich diskutiert.

Aber es gab auch wichtigere Themen zu besprechen. Auch wir hatten Haushaltsanträge eingebracht. Eine Zusammenstellung unserer wichtigsten Anträge könnt Ihr hier nachlesen. 

Einige wenige Sparmaßnahmen und von der Stadtverwaltung geplante Einschnitte, die wir bereits im Vorfeld kritisiert hatten, fanden erfreulicherweise im Gemeinderat keine Mehrheit. Im Folgenden ausschnitthaft einige Themen, Sichtweisen und Ergebnisse aus der Debatte:

Erfreulich einig wurde beschlossen, dass für die Fortführung der Arbeit zur Umsetzung der "Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" eine dauerhafte Stelle eingerichtet wird. Mathilde Göttel wies auf den bevorstehenden Tag gegen Gewalt an Frauen hin. Die Gewalt gegen Frauen sei eine Verpflichtung auch in Karlsruhe die Istanbul-Konvention dauerhaft umzusetzen. Ziel sei eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen.

Und jährlich grüßt das Murmeltier …  Lukas Arslan (früher Bimmerle) wies für unsere Fraktion bei der Vorstellung unseres Antrags zur Ausfinanzierung des Klimaschutzkonzepts auf gravierende Lücken bei dessen Umsetzung hin. Jahr für Jahr werden die zur Umsetzung des Konzepts berechneten Mittel nicht in den Haushalt eingestellt und nur ein Bruchteil der eingestellten Mittel ausgeschöpft. "Es reicht eben nicht, wenn Jahr für Jahr von der Stadtverwaltung darauf hingewiesen wird, dass die Mittel für Klimaschutz nicht ausgeschöpft werden können, weil Baumaßnahmen immer teurer würden. Baumaßnahmen, in deren Zusammenhang energetische Maßnahmen erfolgen sollen, seien nur noch schwer finanzierbar. Auch fehle immer wieder Personal zur Planung von Baumaßnahmen." Aber beides ist aus unserer Sicht kein Grund das Budget einfach zu kürzen. Lukas Arslan betonte den bereits heute großen Verzug - einen Berg von nicht aufgearbeiteten Klimaschutzprojekten. Wir werden durch ein immer weiteres Verschieben nicht annähernd die Ziele im Klimaschutz erreichen, auch wenn irgendwann in der Zukunft wieder mehr Geld zur Verfügung stünde. Der Gemeinderat stimmte fast geschlossen gegen unseren Antrag.

Einen kleinen Erfolg für den Klimaschutz gab es mit der mehrheitlichen Zustimmung zu einem Antrag einer Potenzialanalyse eines Entsiegelungskonzepts und Vorbereitung der Umsetzung für öffentliche Flächen in der Innenstadt. Einen entsprechenden Antrag hatte unsere Fraktion fast wortgleich bereits 2021 gestellt. Da konnten wir nicht umhin zuzustimmen. Der Bedarf an mehr Grün und weniger versiegelten Flächen ist in jedem heißen Sommer in Karlsruhe offensichtlich. Die Hitze in der Innenstadt und fehlende Kühlung durch Begrünung sind ein dringliches Thema.

Ein Antrag unserer Fraktion zur Beschleunigung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden fand keine Zustimmung. Die städtischen Planungen zum "Ausbauprogramm Dächer" der Stadt sollen jedoch demnächst im Gemeinderat vorgestellt werden.

Im Vorfeld der Haushaltsberatungen hatten freie Kultureinrichtungen sehr deutlich darauf hingewiesen, dass sie, als Ausgleich für aktuelle Preissteigerungen, dringend eine Erhöhung der städtischen Zuschüsse benötigen.

Mathilde Göttel griff diese Forderungen bei der Aussprache zur Dynamisierung der Zuschüsse auf. "Die Zuschüsse stagnieren - die Kosten steigen. Die Kulturorganisationen haben uns klargemacht, dass ein Gleichbleiben der Zuschüsse eigentlich eine Kürzung bedeutet. Die Dynamisierung der Zuschüsse muss mehr Rückhalt bekommen. Wir wollen, dass die kulturellen Organisationen nicht mit steigenden Mieten allein gelassen werden. Und wir wollen, dass die Arbeitsplätze in der Kultur nicht weit unter Wert entlohnt werden. Das Personal muss ausreichend bezahlt werden, sonst können die Leute nicht gehalten werden. Unser Ziel ist weiterhin eine tarifliche Bezahlung."

Wir hatten den Antrag eingebracht, der den Forderungen der Organisationen des Kulturring folgend, eine einmalige Erhöhung der Zuschüsse um 10% und für die folgenden Jahre eine Erhöhung entsprechend den Erhöhungen des Verbraucherpreisindexes vorsah. Dafür gab es keine Mehrheit im Gemeinderat. Es kam eine Kompromisslösung zustande. Statt der ursprünglich vorgesehenen Kürzungen im Kulturetat soll dieser nun zunächst für 2 Jahre um jeweils 2,5% erhöht werden. Dabei ist die Möglichkeit vorgesehen, dass die Zuschüsse der kulturellen Einrichtungen, unterschiedlichen Bedarfen folgend, in unterschiedlicher Höhe steigen können.

Die massive Streichung von Zuschüssen an die Volkshochschule und auch an das Kulturzentrum P8 / Kulturdose wurden, wie u.a. von uns beantragt, zurückgenommen.

Katastrophal stellt sich die bauliche Situation an den Schulen dar. Aus den Aufstellungen der Stadt ergeben sich mittelfristig notwendige Sanierungen und Neubauten mit einem Gesamtvolumen von über 1 Milliarde Euro. Fast alle Sanierungen sind auf Eis gelegt. Ob und wann diese abgearbeitet werden sollen, ist völlig offen.

Eine positive Entscheidung gab es im Bereich Schulen: Auf unseren Antrag hin sprach sich eine Mehrheit des Gemeinderats gegen eine Erhöhung der Fachschulgebühren aus. Die Fachschulgebühren waren erst vor 2 Jahren, ebenfalls auf unsere Initiative hin reduziert worden und sollten nach dem Willen der Verwaltung auf ihr vorheriges Niveau erhöht werden. Bei der Erhöhung des Schulessens hatten wir einen Verzicht auf die geplanten Preiserhöhungen beantragt. Letztlich wurde die Erhöhung auf die Hälfte des von der Stadt eingestellten Betrags reduziert.

Ein großes Thema waren die geplanten Gebührenerhöhungen an den Kitas. 5 Millionen Euro Einsparung sollten die geplanten Gebührenerhöhungen für die Stadt bringen. Für Eltern hätte dies, nach bereits umgesetzten Erhöhungen zum 01.09., insgesamt eine Erhöhung von bis zu 30% innerhalb eines halben Jahres bedeutet - und dies vor dem Hintergrund von zunehmenden Ausfällen der Betreuung aufgrund eines gravierenden Personalmangels in vielen Einrichtungen.

Lukas Arslan betonte für unsere Fraktion, dass wir weiter am Ziel der Gebührenfreiheit für Kitas festhalten. Aktuell hatten wir beantragt zumindest auf die geplanten Erhöhungen zu verzichten. Beschlossen wurde letztlich auch hier eine Halbierung der geplanten Erhöhungen. Während andere Fraktionen dies feierten, stellte Lukas Arslan klar, dass auch damit noch eine gravierende Erhöhung der Gebühren verbunden sei.

Ein Vorschlag zu einer neuen Gebührenstaffelung, den wir eingebracht hatten, wurde vom Gemeinderat abgelehnt. Wir hatten beantragt, gemäß der Einkommen der Familien, eine Staffelung vorzunehmen. Die vollständige Befreiung für die Familien, die bereits bisher befreit wurden sollte beibehalten werden. Familien mit geringerem Einkommen sollten nicht durch Erhöhungen belastet werden und diese, wenn nötig, von Familien mit hohem Einkommen getragen werden.

 

Ein weiteres Thema, zu dem wir Anträge gestellt hatten: der Karlsruher Pass. Der Karlsruher Pass soll Menschen mit geringem Einkommen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

Wir hatten beantragt die Einkommensgrenzen, die zum Erhalt eines Karlsruher Passes berechtigen, um 10% zu erhöhen. Dies würde den Kreis der Berechtigten erhöhen und wäre aus unserer Sicht mehr als angemessen, da die Grenzen trotz allgemeiner Preisentwicklungen seit fast 3 Jahren nicht angehoben wurden.

Außerdem forderten wir höhere Vergünstigungen für Karlsruher Pass Besitzer*innen. Wir forderten den Zuschuss beim Erwerb eines Deutschlandtickets von 50 auf 75% zu erhöhen und somit bei Kosten von ca. 12 Euro pro Monat den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr bezahlbar zu machen. Auch für den Eintritt in den Zoo und in die städtischen Bäder hatten wir Vergünstigungen beim Eintritt beantragt, um bereits vollzogene bzw. geplante Erhöhungen auszugleichen.

Alle diese Anträge wurden vom Gemeinderat abgelehnt.


Die Wohnungsversorgung in Karlsruhe verschlechtert sich mehr und mehr. Es fehlen Tausende von bezahlbaren Wohnungen. Gegen zwei Sparvorschläge der Stadt stellten wir Gegenanträge.

Ein Fonds zur städtischen Komplementärförderung beim Bau von Sozialwohnungen sollte deutlich reduziert werden. Die Mittel würden voraussichtlich nicht abgerufen, weil immer weniger Wohnungen gebaut werden, also könnten sie wegfallen – so die Logik der Verwaltung.

Wir forderten, dass die Stadt nach neuen Wegen sucht und hier gezielt unterstützt. Immer mehr gemeinwohlorientierte Wohnprojektinitiativen in Karlsruhe wollen bauen. Sie wollen bezahlbare Wohnungen bauen und sie wollen soziale Ziele mit ihren Projekten verwirklichen. Die Projekte sind auf städtische Flächen angewiesen. Wir beantragten, dass bei der Vergabe der Grundstücke in Erbpacht, freiwerdende Mittel zur Reduzierung des Erbbauzinses verwendet wird und somit Bauen und Wohnen für die Initiativen bezahlbar wird. Der Antrag wurde aktuell bei den Haushaltsverhandlungen abgelehnt. Vor der tatsächlichen Vergabe an Wohnprojektinitiative könne er nochmals beraten werden, so OB Mentrup.

Die Stadt hatte zudem geplant den städtischen Haushalt mit Sonderübertragungen der Volkswohnung in Höhe von 7 Millionen aufzubessern. Wir finden dies ist ein Skandal. Die Volkswohnung ist der größte Wohnungsvermieter in Karlsruhe. Die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum und die Sicherung von bezahlbaren Mieten sind für die Stadtgesellschaft von größter Bedeutung. Hier Mittel zu entziehen ist der falsche Weg.

Kurz sah es so aus, als ob wir an diesem Punkt einig mit einer Mehrheit der Fraktionen im Gemeinderat waren. Auf massiven Druck des OB erklärten sich die Mehrheit im Gemeinderat dann mit einer halbierten Abführung von 3,5 Mio. Euro einverstanden. Aus unserer Sicht ist dies eine schlechte, eine falsche Entscheidung.

 

Ein Antrag unserer Fraktion zur Umschichtung von Finanzmitteln vom Bau von Autostraßen hin zu Maßnahmen für Fahrrad- und Fussgängerverkehr sowie ein weiterer Antrag zur Einstellung aller Planungen für eine Umfahrung Hagsfeld erhielten keine Mehrheit.

In unserem Antrag "Keine Vergoldung der Kaiserstraße" forderten wir in weiteren Bauabschnitten auf die geplante teure Pflasterung zu verzichten. Mathilde Göttel erklärte, dass wenn überall - beim Wohnungsbau, im Klimaschutz und bei Schulsanierungen - das Geld fehlt, teure "Kosmetikmaßnahmen" in der Kaiserstraße nicht angemessen sind.

Bei den Baumaßnahmen wurde zusätzlich zu den wenigen Planungen der Stadt, der Neubau des Jugendhauses Südstadt beschlossen. Wir denken, dies ist ein großer Erfolg für die Südstadt und insbesondere die Kinder und Jugendliche im Stadtteil.

Unser Antrag zur Finanzierung einer Rekommunalisierung der Reinigungsarbeiten - in einem ersten Schritt sollen 50% der Tätigkeiten zurück in städtische Hand kommen, wurde auf den kommenden Gemeinderat verwiesen. Die Stadtverwaltung hat hier, in Zusammenarbeit mit dem Gesamtpersonalrat der Stadtverwaltung, eine Planung vorgelegt, die eine Woche später mehrheitlich beschlossen wurde.

Gegen Ende der Beratungen wurde unser Antrag zur Einführung einer Übernachtungssteuer vom Gemeinderat beschlossen. Hinsichtlich der Verwendung der zusätzlichen Mittel hatten wir gefordert, dass diese auch für Erhöhungen der Zuschüsse für die freie Kultur genutzt werden. Die genaue Verteilung der Mittel wurde bei den Beratungen noch nicht beschlossen – hier bleiben wir dran.

Und zum Schluss auch von unserer Seite ein „kleiner“ Beschluss, über den wir uns gefreut haben. Die Stadtverwaltung hatte vorgeschlagen bei der Waldpädagogik zu sparen. Die Waldpädagogik ist eine Einrichtung im Hardtwald, die vielen Kindergärten, insbesondere aber auch Schulklassen und Familien ein breites Angebot von Veranstaltungen im und um den Wald bietet.

Aus unserer Sicht ist die Waldpädagogik und Umweltpädagogik im Allgemeinen ein Gebot der Stunde, in Zeiten, in denen Klimaschutz wichtiger denn je ist. Umwelt- und Klimaschutz fangen bei Kindern und Jugendlichen an. Wir haben uns gefreut, dass dies eine Mehrheit im Gemeinderat genauso sah.

 

Einige Verbesserung des ursprünglich vorgelegten Haushaltsentwurfs konnten wir in den Beratungen erreichen. Das ist gut so. Karin Binder erklärte im Gemeinderat vom 28.11.23 für unsere Fraktion, warum wir viele Weichenstellungen nach wie vor kritisieren und warum sie den Haushalt insgesamt abgelehnt hat.