Aktuelles

Bericht aus dem Gemeinderat vom 27.06.23

Im Gemeinderat vom 27.06. kam es zu einem ersten Austausch zu den Haushaltsberatungen, die im Herbst stattfinden werden.

 

In einer Vorlage der Stadtverwaltung wurde die Verteilung der Redezeiten für die Haushaltsrede der Fraktionen sowie für die Beratungen der Änderungsanträge bzw. Anträge zum Haushaltsentwurf der Stadt vorgeschlagen.

 

Die Redezeiten sollen entsprechend der Größe der Fraktionen gestaffelt werden. Für die Haushaltsrede der Grünen würden so 40 Minuten eingeräumt für unsere Fraktion 16 Minuten. Noch gravierender erscheint uns die ungleiche Redezeit bei der Befassung der Anträge.

Die Spanne beträgt hier 1 Stunde 45 Minuten für die Grünen und 45 Minuten für unsere Fraktion.

Wir hatten den Antrag gestellt, dass alle Fraktionen die gleichen Redezeiten erhalten sollten. Jede Fraktion befasst sich gleichermaßen mit allen Anträgen. Warum bei diesen wichtigen Sitzungen von einer grundsätzlich gleichen Redeverteilung - wie sonst im Gemeinderat praktiziert - abgewichen werden soll, eröffnet sich uns nicht. Es gab die erwarteten Gegenreden der großen Fraktionen. Beschlossen wurde: die ungleichen Redezeiten sollen beibehalten werden. Unser Antrag wurde abgelehnt.


Unter TOP 14 wurde ein Sachstandsbericht zu den geplanten sogenannten "Haushaltssicherungsmaßnahmen" der Stadt vorgelegt. Ein erster Schritt in Richtung eines Sparhaushalts - mit Vorschlägen zum Sparen an vielen falschen Stellen.

Unser Stadtrat Lukas Bimmerle wies darauf hin, dass die letzte "Haushaltskonsolidierung" noch nicht lange zurückliegt und die Steuereinnahmen regelmäßig steigen. Er forderte die Verantwortlichen auf, auf die Ursachen der schwierigen Finanzlage zu schauen: Großprojekte wie die U-Strab, die Stadthalle und auch der Beschluss zur Sanierung des Staatstheaters wurden immer wieder als gut finanzierbar dargestellt. Sie verschlingen jedoch über viele Jahre hohe zweistellige Millionenbeträge für die Kreditkosten und bei der U-Strab zusätzlich zweistellige Millionenbeträge für die Betriebskosten. All diese Millionen fehlen bei anderen Projekten.

Schulen werden nicht mehr saniert, keine neuen Straßenbahnstrecken gebaut, notwendige energetische Sanierungen von Gebäuden finden kaum statt.

Aber nicht nur bei Investitionen soll nun hart gekürzt werden...
 

Lukas Bimmerle zählte einige der von uns kritisierten Kürzungsvorhaben auf:

  • Eine weitere Erhöhung der Kita-Gebühren um 5 Millionen Euro ist geplant. Dies widerspricht dem Ziel einer guten frühkindlichen Bildung für Alle. Die Erhöhungen der Gebühren, die bereits parallel im Gemeinderat beschlossen wurden, kommen noch extra obendrauf.
     
  • Eine Erhöhung der Preise für Schulessen lehnen wir ebenfalls ab.
     
  • Bei allen Kulturorganisationen sollen mit dem Rasenmäher 1,5% der Zuschüsse eingespart werden. Was nach wenig klingt, ist in unseren Augen die komplett falsche Richtung. Seit vielen Jahren wurden Zuschüsse nicht entsprechend allgemeiner Preissteigerung und notwendiger Lohnerhöhungen angepasst. Die Arbeitsbedingungen bzw. und Löhne bei vielen Kultureinrichtungen sind entsprechend katastrophal. Erhöhungen der Zuschüsse nicht weitere Einschnitte sind erforderlich, um ein Überleben der vielen Kulturorganisationen möglich zu machen.
     
  • Auch im Bereich des Klimaschutzes wird gespart. Die verkündeten Ziele des Karlsruher Klimaschutzkonzepts werden so nicht erreicht werden. Es wird nicht genügend Geld für Investitionen eingestellt und es wird gespart beim Personal, das notwendige Projekte umsetzen soll. Das schönste Klimaschutzkonzept nützt nichts, wenn die geplanten Vorhaben nicht umgesetzt werden.

Das Fazit von Lukas Bimmerle: "Die bisherigen Planungen der Stadt sind der falsche Weg Löcher zu stopfen. Wir sollten an den richtigen Stellen sparen - die teure Verschönerung der Kaiserstraße wäre ein Ansatz gewesen oder ein Sparen beim Bau und Ausbau weiterer Autostraßen, sämtliche Großprojekte sollten auf den Prüfstand - aber wir sollten nicht sparen im Sozialen, bei der Kultur und beim Klimaschutz."

 

Einige weitere Tops drehten sich um das Thema der Kitas, um fehlende Kita-Plätze, fehlende Erzieher*innen und gestiegene Kosten. Einig war sich Linken-Stadträtin Karin Binder mit der Mehrheit des Gemeinderats beim TOP 10, dass mehr Plätze in der Praxis integrierten Ausbildung (PIA) geschaffen werden solle. Sie betonte, wie wichtig es sei, mehr Menschen für den Erzieher*innenberuf zu gewinnen. Sie wies aber auch darauf hin, dass dies mit Kosten verbunden sein wird: "Es ist wichtig mehr Menschen für diese Berufe zu gewinnen. Aber wie geht es danach weiter? Wie gewinnen wir grundsätzlich Menschen für diese Berufe? Sie müssen ein Auskommen haben. Es sind tolle Berufe, für verantwortungsvolle Arbeit - hier ist noch viel zu tun. Wir werden Geld in die Hand nehmen müssen. Der Erzieher*innenberuf ist unterbezahlt. Wenn die Menschen nicht von Ihrer Arbeit leben können, dann können wir noch so viel die Werbetrommel rühren - wir werden dann nicht genug Menschen für diese Arbeit gewinnen."

 

TOP 11 befasste sich mit der Finanzierung der Kitas. Die Zufriedenheit anderer Redner*innen zu ansteigenden Zuschüssen für freie Kita-Träger, die mit einer Erhöhung der Elternbeiträge einhergehen, konnte Karin Binder nicht teilen: "Wir sind bei der Vorlage nicht dabei. Wir entfernen uns immer weiter von der beitragsfreien Kita - die eigentlich das Ziel sind. Es sind Kinder und Familien, für die vorschulische Angebote am nötigsten sind, die wir nicht mehr erreichen. Es geht um migrantische Familien, deren Kinder vielleicht nicht mehr die Kinder in Kita bringen. Viele Familien müssen rechnen. Grundsätzlich denke ich, dass beitragsfreie Kitas als Ziel bleiben müssen. Die Familien mussten in den letzten Jahren schon zu viele Kröten schlucken: die Beschränkung der Öffnungszeiten, mangelnde Kita-Plätze und nun auch noch Beitragserhöhungen.“

Die Erhöhung von Zuschüssen als auch der Elternbeiträge wurde mehrheitlich vom Gemeinderat beschlossen.

 

Anschließen konnte sich unsere Fraktion einem Antrag der CDU, in dem auf die schlechte Kita-Versorgung in Oberreut eingegangen wurde. Für die verzögerte Fertigstellung einer Kita in einer neuen Volkswohnungsanlage, soll eine Übergangslösung geschaffen werden und ein freies Grundstück für einen weiteren Kita-Neubau und ein Ärztezentrum genutzt werden. Karin Binder forderte hier mit anderen Redner*innen verbindliche Zusagen von der Stadt, tätig zu werden.


Ein heißes Eisen war bereits im Vorfeld TOP 16 zur Umwandlung der nördlichen Karlstraße in eine Fußgängerzone. Das Thema war lange – wir finden ausreichend lange - vorbereitet. Im letzten Sommer wurde im Rahmen eines sogenannten Reallabors die weitgehend autofreie Straße erprobt. Es gab Befragungen von Anwohner*innen und Gewerbetreibenden, von vielen, die vor Ort die neugestaltete Fläche genutzt haben. Es gab ebenfalls Untersuchungen der resultierenden Verkehrsflüsse. Auch grundsätzliche Beschlüsse zu einer Mobilitätswende wurden in der Vergangenheit vielfach im Gemeinderat gefasst. Alles spricht sehr deutlich für eine notwendige Umwidmung von Flächen für Autos hin zu Flächen und Wegen für Fußgänger*innen und Radverkehr und für Plätze zum Aufenthalt in der Stadt.

Es bleibt jedoch das immer gleiche Bild: wenn konkrete Beschlüsse gefasst werden sollen, wenn Parkplätze wegfallen oder ein Stück Straße für den Autoverkehr gesperrt werden soll, ist der Aufschrei im Gemeinderat groß. Dann kommen immer neue Fragen und Bedenken auf den Tisch.

Lukas Bimmerle ordnete das in seiner Rede so ein: "Am 31. Oktober 1517 hat Luther 95 Thesen an die Wittenberger Schlosskirche genagelt. Knapp 5 Jahrhunderte später reicht die FDP im Bundestag 101 Fragen zum Heizungsgesetz ein, und nun die CDU im Gemeinderat 46 Fragen ... Gott sei Dank wird die Anzahl immer kleiner und anstatt Thesen reicht es bei der CDU nur zu Fragezeichen.

Ich stelle mir lediglich drei Fragen:

  1. Wollen wirklich hier alle im Gemeinderat die Mobilitätswende?
  2. Wollen alle das, vom Gemeinderat mit breitester Mehrheit beschlossene Karlsruher Programm für aktive Mobilität umsetzen, wie immer wieder beteuert? Wir sehen immer wieder ein Zögern …
  3. Folgen alle im Gemeinderat dem Prozess von Reallaboren?
  • Wir haben das Reallabor durchgeführt und auf die Ergebnisbewertung gewartet. Dies liegt nun vor.
  • Wir haben parallel eine Verkehrserhebung gemacht, bevor wir entscheiden.
  • Und wir haben eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Verkehrsversuchs.

Die Ergebnisse sind klar: ein Umbau der nördlichen Karlstraße im Sinne des Reallabors wird von einer großen Mehrheit der Anwohnenden, der Gewerbetreibenden und der Karlsruher Bevölkerung gewünscht. Einige Änderungswünsche am Konzept ergänzen diesen grundsätzlichen Zuspruch. Falls man der Verwaltung keine Fake News unterstellen möchte, frage ich: Was will man denn noch mehr?  Die CDU spricht von „weichgespülten und vagen Interpretationen der Stadtverwaltung“. Da kann man nur sagen: manche Verkehrsexpert*innen im Gemeinderat sehen ganz eigene und andere Effekte als die Untersuchung der Stadtverwaltung. Vieles wird vom „Hörensagen“ wird in die politische Diskussion eingebracht. Die Untersuchungen der Stadtverwaltung, der Planer*innen und Hochschulen – alles Fake News?

Das Raunen und die vielen aufgetischten Fragen erscheinen mir als ein Mittel, um Planungen zu blockieren. Das wird übrigens von Populisten gerne gemacht. Und wenn man nicht weiß, wie man sich eigentlich positionieren soll, stellt man ein paar Fragen und laviert herum bezüglich der Positionierung. Auch die SPD Gemeinderatsfraktion hat dies in der Mobilitätspolitik ziemlich perfektioniert. Bei allen Verrenkungen wird auch heute wieder nicht klar, was die Position der SPD ist.

Und auch das immerwährende FDP-Lamento, dass ein Ausbau des Radverkehrs rücksichtslose Kampfradler*innen fördere und Fußgänger*innen gefährde, wird durch die Untersuchung im Rahmen des Reallabors berichtigt. „Eine regelwidrige Mitbenutzung des Gehwegs durch den Radverkehr beispielsweise zwischen der Stephanien- und Akademiestraße sei um ca. 74% zurückgegangen.

Ich glaube der grundsätzliche Vorschlag ist der richtige. Dass noch Fragen der konkreten Ausgestaltung offen sind, keine Frage! Eine genaue Wegführung des Radverkehrs muss geklärt werden und auch für Krankentransporte und Taxen müssen noch geeignete Lösungen gefunden werden und vielleicht muss auch noch der Ausweichverkehr optimiert werden. Aber das Ziel einer Mobilitätswende sollte dabei nicht aus dem Auge verloren werden. Die nördliche Karlstraße soll Fußgängerzone werden."

Aufgrund des Widerspruchs einiger Fraktionen bereits im Vorfeld der Gemeinderatssitzung wurde die Entscheidung vertagt: Fragen sollen beantwortet werden und nochmals der Hauptausschuss und der Gemeinderat im Juli zum Thema beraten.

 

Schließlich wurde noch ein Antrag unserer Fraktion behandelt. Wir hatten beantragt, dass die Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung und städtischen Gesellschaften, dem Beispiel von Stuttgart und anderen Städten folgend, ein kostenloses Jobticket zur Nutzung des ÖPNV erhalten sollten.

Karin Binder stellte heraus, dass damit die Attraktivität der Arbeitsplätze der Stadt Karlsruhe verbessert werden könnte. "Natürlich geht es auch um ökologische Auswirkungen. Aber in erster Linie, wie gewinnen und halten wir Menschen, die für die Stadt arbeiten sollen. Wie können wir die Arbeitsplätze in der Stadt interessanter machen, attraktiver machen. Ein Jobticket kann das Problem nicht allein lösen, aber es ist ein Schritt auf dem Weg."

Unser Antrag wurde vom Gemeinderat abgelehnt.