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Stellungnahme zur Diskussion um Straffreiheit bei Schwarzfahren

Die Linke Fraktion

Der Gemeinderat fordert mit Beschluss der Sitzung vom 20.02.24 den Aufsichtsrat der VBK auf, zukünftig auf Strafanzeigen nach §265a beim Schwarzfahren zu verzichten.

Stellungnahme Linke-Fraktion zu den Gegenargumenten von CDU, FDP, FW/FÜR:

1.

Noch in der Sitzung des Gemeinderats wurde der Linken-Fraktion, als auch Grünen und SPD, von Gemeinderätin Dogan ein „surreales“ Rechtsverständnis vorgeworfen. Die FDP-Fraktion schreibt nach der Sitzung von einem „Aufruf zum Rechtsbruch“. Die Fraktion von Freien Wähler / FÜR Karlsruhe zeigt sich „erschüttert“: “Schwarzfahren sei eine Straftat und müsse als solche weiter geahndet werden“.

Alle Aussagen sind unrichtig. §265a des Strafgesetzbuches beschreibt ein sogenanntes Antragsdelikt. Dies heißt, es handelt sich um einen Straftatsbestand bzw. ein Vergehen, dass nur verfolgt wird, wenn ein Geschädigter dieses zur Anzeige bringt … und im anderen Falle eben nicht. Die Verkehrsbetriebe können auf eine Anzeige verzichten - dies fordert der Antrag - und so passiert dies in anderen Städten Deutschlands auch.

Die Idee auf Strafanzeigen zu verzichten, ist auch keine Erfindung der Karlsruher Linken-Gemeinderatsfraktion. Der Deutsche Richterbund äußert sich in einem Gutachten ausführlich zur Unverhältnismäßigkeit der aktuellen Praxis (https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/14-2023 ) und fordert eine Reform des Paragraphen. Auch das FDP geführten Bundesministerium für Justiz ist bei der Suche nach „entbehrlichen“ Tatbeständen auf den §265a gestoßen und überlegt eine Initiative zur Herabstufung auf eine Ordnungswidrigkeit. Sind Deutscher Richterbund und der Bundesjustizminister aus Sicht der Gemeinderät*innen von CDU, FDP und FW/FÜR damit ebenfalls potentielle Rechtsbrecher*innen?

Den behaupteten Aufruf zum Schwarzfahren bzw. die „Billigung von Schwarzfahren“ gab es im Gemeinderat nicht. Hier entsteht offensichtlich die Botschaft im Ohr der Gemeinderät*innen von CDU und FDP. (Vielleicht lag dies daran, dass in der Gemeinderatssitzung auf der rechten Seite weniger zugehört wurde, als in ein allgemeines Bierzelt-Getöse zu verfallen?)

Wir möchten den Kolleginnen und Kollegen vorschlagen, vor weiteren Aufrufen in der Öffentlichkeit und an Mitglieder des Aufsichtsrates der VBK noch einmal Luft zu holen und den Antrag und Fachmeinungen in Ruhe nachzulesen.

 

2.
Sowohl die FDP-Fraktion als auch CDU-Gemeinderat Müller fordern nun bereits den Aufsichtsrat der VBK auf, entgegen der Entscheidung des Gemeinderats zu stimmen. Was bedeutet dies wiederum? Wenn es um Rechtsverständnis, um ein Verständnis demokratischer Entscheidungen geht, ist es aus unserer Sicht sehr denkwürdig, wenn Karlsruher Gemeinderät*innen dazu auffordern, einen Beschluss ihres eigenen Gremiums nicht zu beachten bzw. entgegen diesem Beschluss zu handeln.

Wir gehen davon aus, dass in der kommenden Aufsichtsratssitzung der VBK, der Beschluss des Gemeinderats besprochen wird und dass ihm gefolgt wird. Aus unserer Sicht ist es, ungeachtet seiner persönlichen Sichtweise, Aufgabe des Oberbürgermeisters und ebenfalls Aufsichtsratsvorsitzender der VBK, diesen Beschluss herbeizuführen.

 

3.
Zu den inhaltlichen Gründen, die die Linke-Fraktion zum Antrag veranlasst hat, bitten wir den Antragstext nochmals zu lesen und verweisen außerdem auf die Rede unserer Stadträtin Mathilde Göttel aus der Sitzung und das bereits erwähnte Gutachten des Deutschen Richterbundes, das unsere Begründung in zentralen Punkten bestätigt.

 

4.
Nicht eine Bestrafung von Menschen, die kein Geld für einen Fahrschein haben, lösen das Finanzierungsproblem des Öffentlichen Nahverkehrs. Um diesen zu fördern, werden wir in naher Zukunft einen Antrag zur konkreten Gestaltung eines „Mobilitätspasses“ (eine kommunale Nahverkehrsgabe) in Karlsruhe machen.

Und wir stehen an der Seite von ver.di und der Kampagne „wirfahrenzusammen“, die ganz aktuell eine tragfähige Finanzierung der Verkehrswende durch Land und Bund und gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten bei den Verkehrsbetrieben fordern.