Gemeinderatsinitiativen

Anträge, Anfragen und Briefe/Schreiben sind wichtige Instrumente, mit denen wir als Fraktion unsere parlamentarische Arbeit vorantreiben können. Die entsprechenden Initiativen, die die Fraktion DIE LINKE. im Gemeinderat Karlsruhe auf allen Gebieten der Politik eingebracht hat, werden auf dieser Seite aufgeführt.

In der Liste unten werden alle Initiativen nach Aktualität aufgelistet. In der Spalte rechts sind die Initiativen-Dokumente archiviert.

Aktuelle Initiativen

Änderungsantrag zu TOP 43: Prävention statt Repression - Soziale Angebote an Jugendliche in der Innenstadt entwickeln

Bildung/Schule/JugendFreiheit & BürgerrechteSoziale Teilhabe/Armut/Arbeit

Die Gemeinderatsfraktion der LINKEN beantragt:

1. Es wird ein Sicherheitskonzept für die Innenstadt mit dem besonderen Schwerpunkt auf die  Präventionsarbeit entwickelt.

2. Die Verwaltung stellt in engem Austausch mit Streetworker*innen und Einrichtungen der Jugendhilfe dem Gemeinderat dar, wie sich die Situation von Jugendlichen darstellt, die sich an  Wochenenden in der Karlsruher Innenstadt aufhalten, welche speziellen Bedürfnisse sie haben und welche Präventionsangebote in der Stadt existieren.

3. Die Verwaltung soll untersuchen, welche Bedürfnisse und Anforderungen diese Jugendlichen in Bezug auf die Karlsruher Innenstadt als Sozialraum haben.

4. Die Verwaltung entwickelt ein Präventionskonzept, um die genannte Zielgruppe besser zu erreichen und präventiv die verschiedenen Ursachen von Aggressivität und möglichem Gewaltausbruch zu verhindern. Dies soll insbesondere für die Situation in der Innenstadt am Abend oder in der Nacht erarbeitet werden.

5. Die Verwaltung prüft hierzu auch die Notwendigkeit einer temporären oder dauerhaften Basisstation für Streetwork in der Innenstadt sowohl nachts am Wochenende als auch unter der Woche. Dabei berücksichtigt sie die Erfahrungen aus Projekten in anderen Städten, wie z.B. Stuttgart, und stellt sie dem Gemeinderat dar.

6. Die Verwaltung prüft gemeinsam mit den Trägern der Kinder- und Jugendhilfe auch, ob die Übernahme des „Züricher Modells für Jugendpartys“ ein sinnvolles Instrument ist, um ein alternatives Angebot für Jugendliche zu entwickeln. Hierzu sucht sie den Austausch mit den Verantwortlichen in Zürich.

 

Begründung:

Dass der Gewaltausbruch in Stuttgart einfach auf die Lage in Karlsruhe übertragen wird, ist problematisch und bedauerlich. Damit einhergehende Überlegungen zur Realisierung von mehr Sicherheit in der Stadt allein auf der Schaffung von „mehr Kontrolldichte und einer erhöhten polizeilichen Präsenz im Innenstadtbereich„ zu fokussieren, wird der Komplexität des Themas nicht gerecht. In der hochgradig populistischen Debatte rund um die Vorfälle in Stuttgart wurden leider viele wichtige Beiträge nicht vernommen. Dazu gehören insbesondere die Stellungnahmen von Stuttgarter Streetworker*innen, die mahnend die verschiedenen sozialen Ursachen des Gewaltausbruchs angesprochen und vor allem die massiven Einsparungen in der Präventionsarbeit in Stuttgart kritisiert haben. So wurde unter anderem von der Stuttgarter CDU-Gemeinderatsfraktion veranlasst, das Präventionsprojekt „City Streetwork Stuttgart“ einzustellen, bei dem 4 Streetworker am Wochenende in den Nächten in der Innenstadt unterwegs waren, um stark alkoholisierte und dadurch gewaltbereite Jugendliche mit Beratung und Betreuung aufzufangen.

Neben Alkohol zählt vor allem auch das Gefühl des „Abgehängt-Seins“ und die Erfahrung vieler Ausgrenzungen, Demütigungen und Verletzungen in Kombination mit Perspektivlosigkeit und echter oder gefühlter ungerechter Behandlung durch die Gesellschaft und auch der Ordnungsbehörden zu den Ursachen solcher Gewaltausbrüche. „Ausschreitungen sind die Sprache der Ungehörten“, wie Martin Luther King es einst formulierte. Wir lehnen eine eindimensionale Betrachtung und Fokussetzung auf immer mehr Überwachung und Kontrolle ab. Diese führt vermeintlich zu mehr Sicherheit bei gleichzeitigem Abbau von Freiheits- und Grundrechten, und wird vor allem dafür sorgen, dass ein Teil der jungen Menschen unter Generalverdacht gestellt wird und sich nicht mehr in der Innenstadt aufhalten kann. Probleme werden dadurch keine gelöst, sondern in andere Räume verlagert. Mehr Repression und Überwachung sind nicht die richtige Antwort auf die sozialen Ursachen von Gewalt und die schwierigen Lebenssituationen von Jugendlichen. Es braucht stattdessen den Ausbau präventiver Angebote in der Innenstadt, um die individuellen Problemlagen von Jugendlichen zu identifizieren und somit die Ursachen von Gewalt und Aggressivität zu lösen. Hierzu kann sowohl eine Verstärkung der Streetwork-Arbeit in der Innenstadt besonders an Wochenenden als auch eine temporäre eingerichtete oder feste Basisstation für soziale Jugendarbeit einen Beitrag leisten.

Ebenfalls müssen nicht-kommerzielle Angebote für Menschen, die in der Innenstadt feiern gehen wollen, geschaffen werden. Viele können sich die kommerziellen Kultur- und Feierangebote in der Stadt nicht leisten und nutzen die Innenstadt als Treffpunkt zum feiern. Den Jugendlichen nicht-kommerzielle Angebote zu machen oder sie bei der Realisierung von Partys auf bestimmten Flächen zu unterstützen, könnte dabei helfen, den Bereich der Innenstadt attraktiver für alle „Feiernden“ zu gestalten. In Zürich hat man dies im Rahmen eines Projekts erfolgreich realisiert. Dabei werden Jugendlichen Freiflächen in der Stadt zur Verfügung gestellt, um dort nicht-kommerzielle Partys veranstalten zu können. Die positiven Effekte, die hierdurch erzielt werden können, wie Rückgang von illegalem Drogenkonsum oder anderer Delikte, sind nicht nur für die Feiernden sondern auch für alle anderen Menschen, und nicht zuletzt auch für die Ordnungsbehörden spürbar. Daher soll die Verwaltung die Adaptierung des „Züricher Modells für Jugendpartys“ prüfen. Gerade in Corona-Zeiten wäre dies enorm wichtig hinsichtlich der Gesundheitsbestimmungen. In Zürich bietet die Stadtverwaltung u.a. Schulungen an, wie nicht kommerzielle Partys sicher organisiert werden und stellt Flächen zur Verfügung, die mit einem vereinfachten Antragsverfahren genutzt werden können: (Link: https://www.stadtzuerich.ch/pd/de/index/stadtpolizei_zuerich/bewilligungen_informationen/planung/jugendpar ty.html).

 

Unterzeichnet von:
Lukas Bimmerle
Karin Binder
Mathilde Göttel