Antrag: Kommunales Soforthilfeprogramm für Mieter*innen, Wohnungslose und Kleineigentümer*innen auflegen!

Der Gemeinderat möge - falls diese Maßnahmen (teilweise) nicht bereits von der Stadtverwaltung umgesetzt wurden - Folgendes beschließen:

Die Stadt Karlsruhe legt zur Abwendung sozialer Härten in der aktuellen Corona-Krise umgehend ein kommunales Soforthilfeprogramm für Mieter*innen, Wohnungslose und Kleineigentümer*innen mit den folgenden Maßnahmen auf:

 

Im Aktionsplan sollen folgende Punkte seitens der Verwaltung berücksichtigt werden:

  • Für Wohn- und Gewerbeeinheiten im kommunalen Besitz bzw. im Besitz einer städtischen Gesellschaft, wie der Volkswohnung, sorgt die Stadtverwaltung in Kooperation mit den kommunalen Wohnungsunternehmen dafür, dass
    1. seit Jahresbeginn ausgesprochene sowie geplante Mieterhöhungen gestrichen und bis zum Jahresende ausgeschlossen werden;
    2. Mieterinnen und Mieter bei Einkommensausfällen oder Arbeitsplatzverlust unbürokratisch eine Mietsenkung geltend machen können;
    3. Kündigungen von Wohn- und Gewerbeeinheiten ebenso wie Zwangsräumungen vorübergehend ausgeschlossen sowie bereits aufgelaufene Mietschulden gestrichen werden;
    4. nicht zwingend notwendige Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen vorübergehend ausgesetzt werden;
    5. auslaufende Mietpreis- und Belegungsbindungen verlängert werden, um den weiteren Rückgang von Sozialwohnungen unmittelbar zu stoppen.
  • Die Stadtverwaltung vereinbart mit den ansässigen privaten Wohnungsunternehmen den Erlass von Mietschulden, Rücknahmen von bereits erfolgten Mieterhöhungen und zusätzlich Mietsenkungen für besonders betroffene Mieter*innen und Gewerbetreibende.
  • In Kooperation mit den kommunalen Wasser- und Energieversorgern sorgt die Stadtverwaltung dafür, dass vorübergehend keine Gas-, Strom- oder Wassersperren ausgesprochen werden.
  • In der Stadtverwaltung wird eine kommunale Beratungsstelle für betroffene Mieter*innen und Kleineigentümer*innen eingerichtet, die unkompliziert Hilfe organisiert. Ggf. bestehende Anlaufstellen werden auf die aktuelle Situation hin weiter organisiert und eine Zusammenarbeit mit anderen „Corona“-Informationsstellen der Stadtverwaltung wird hergestellt.
  • Die Stadtverwaltung akquiriert leerstehende Wohnungen und Ferienwohnungen, um dort Obdach- und Wohnungslose unterzubringen. Zudem soll die Stadt prüfen, inwiefern Hotels, Hostels und Ferienwohnungen vorübergehend genutzt werden können.
  • Die Stadtverwaltung vertieft die Kooperation  hinsichtlich der Unterbringung von Wohnungslosen mit den in Karlsruhe tätigen Trägern, wie bspw. SozPädal.
  • Sammelunterkünfte werden nach Möglichkeit aufgelöst, Geflüchtete und Wohnungslose werden dezentral in Wohnraum untergebracht, der den Anforderungen einer freiwilligen oder verpflichtenden Quarantäne sowie der Vermeidung von Ansteckungen angemessen ist. Auch hier soll die Stadt prüfen, inwiefern Hotels, Hostels und Ferienwohnungen vorübergehend genutzt werden können.

 

Begründung:

Damit die Corona-Krise nicht auch die Mieten- und Wohnungskrise vor Ort verschärft, muss die Stadt unverzüglich ein Soforthilfeprogramm auflegen. Die Stadt muss nun vor allem die Menschen besonders schützen, die ein großes gesundheitliches Risiko tragen, geringe und durchschnittliche Einkommen haben, ohne feste Arbeitsverträge dastehen, zusätzlich zur Armutsrente einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen müssen oder sich als Solo-Selbstständige oder Ladenbesitzer*innen gerade so über Wasser halten. Die kürzlich beschlossene Initiative der Bundesregierung geht hierbei nicht weit genug, immerhin bleibt für Betroffene eine bürokratischer Beweislast. In der gesundheitlichen  Notsituation darf niemand seine*ihre Wohnung verlieren, unabhängig von den Gründen.

Mieter*innen müssen außerdem davor geschützt werden, dass sie aufgrund von Einkommenseinbußen Mietschulden aufbauen. Die Gesetzesinitiative der Bundesregierung sieht dabei keine Entlastung vor. Deshalb stehen die kommunale und die private Wohnungswirtschaft  hier in der sozialen Verantwortung, dafür zu sorgen, dass Mietbelastungen in einem angemessenen Rahmen bleiben. Viele der Unternehmen haben in den letzten Jahren ausreichend hohe Rücklagen gebildet und können deshalb einzelne Mietsenkungen verkraften. Auch Eigentümer*innen profitieren davon, wenn sie ihre Mieter*innen langfristig halten können.

Appelle, dass Menschen zur Vermeidung von Ansteckungen zuhause bleiben sollen, sind nur einzuhalten, wenn Räumungen ausgesetzt und Wohnungslose und Geflüchtete angemessen untergebracht werden. Viele Städte auf der ganzen Welt, wie Barcelona oder New York, machen es bereits vor und haben Zwangsräumungen untersagt. Die Bundesregierung steht hier in der Pflicht eine entsprechende Regelung zu treffen. Die Kommunen können jedoch vorangehen und mit der Wohnungswirtschaft Vereinbarungen treffen, die Zwangsräumungen ausschließen.

Obdach- und Wohnungslose und Geflüchtete in Sammelunterkünften können sich kaum vor Ansteckung schützen. Deshalb müssen sie dezentral untergebracht werden. Die Kommune muss hier tätig werden, indem leerstehende Wohnungen sowie Ferienwohnungen akquiriert. Auch Hotels und Hostels stellen eine Möglichkeit für die vorrübergehende Unterbringung dar.

Zu einer angemessenen Wohnsituation gehört auch die Versorgung mit Gas, Strom und Wasser. Es muss deshalb ausgeschlossen werden, dass es hier Einschnitte gibt.

Vereinzelte Zusagen, insbesondere aus der kommunalen Wohnungswirtschaft, Mieter*innen mit Zahlungsschwierigkeiten zu unterstützen, sind zwar erfreulich, aber nicht ausreichend. Die Corona-Krise als Mieterin oder Mieter zu überstehen, darf nicht von der Gnade der jeweiligen Vermieter*innen abhängen. Die kommunale Wohnungswirtschaft, aber insbesondere auch die privaten Wohnungsunternehmen und Vermieter*innen, die in den vergangenen Jahren hohe Gewinne mit steigenden Mieten und Immobilienpreisen eingefahren haben, stehen nun in der Pflicht soziale Verpflichtungen wahrzunehmen und damit dafür zu sorgen, dass Mieter*innen vor untragbaren Belastungen geschützt werden.

 

Unterzeichnet von:

Lukas Bimmerle

Karin Binder

Mathilde Göttel