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Offener Brief an OB Mentrup: Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter

Anlässlich der aktuellen Gefahr, die aufgrund des Corona-Virus "Covid-19" für die Menschen in den griechischen Flüchtlingslagern besteht, haben wir uns in einem Offenen Brief an Oberbürgermeister Frank Mentrup gewendet, mit der Bitte, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, möglichst viele Geflüchtete aus den Lagern herauszuholen.

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Mentrup,

die Bundesregierung hat gestern angekündigt, 50 unbegleitete Minderjährige aus den griechischen Flüchtlingslagern zu übernehmen. Wir schreiben heute in großer Sorge um die vielen Menschen in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln, die noch heftiger als andere Menschen von der Corona-Epidemie bedroht sind. Wir halten es heute für noch dringender geboten, rasch zu handeln und halten das Angebot der Bundesregierung für absolut unzureichend.

Allein im Hotspot der EU, dem Lager Moria auf Lesbos, das für 3.000 Menschen angelegt wurde, leben heute mehr als 20.000 Menschen. Das bedeutet:

  • 167 Menschen teilen sich 1 WC,
  • 200 Menschen müssen 1 gemeinsame Dusche benutzen und
  • 1300 Menschen müssen sich an 1 Wasserhahn mit Trinkwasser versorgen, das nur wenige Stunden am Tag fließt.
  • Es gibt weder ausreichend Seife noch Desinfektionsmittel.

Abstand halten ist dort nicht möglich. Wenn Covid-19 in diesen Lagern ausbricht, dann ist die Epidemie nicht mehr aufzuhalten. Insbesondere Familien mit kleinen Kindern und Jugendliche kämpfen dort ums nackte Überleben. Die Gefahr, dass sich dort sehr viele Menschen gegenseitig anstecken, ist sehr, sehr groß. Da die meisten der dort lebenden Menschen bereits geschwächt sind und eine medizinische Versorgung so gut wie nicht vorhanden ist, werden die gesundheitlichen Folgen katastrophal sein. Viele Menschenleben sind in Gefahr.

Vor diesem Hintergrund bitten wir die Stadtverwaltung Karlsruhe ausdrücklich noch einmal, sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, dass möglichst viele Menschen aus diesen Lagern herausgeholt werden. Insbesondere das Bundesinnenministerium wäre aufzufordern, die Menschen aus den Flüchtlingslagern auf den Inseln jetzt aufzunehmen. Das betrifft unbegleitete Minderjährige ebenso wie Erwachsene und Familien. Die EU hat Griechenland über lange Zeit mit dem Problem alleingelassen. Die europäischen Länder, insbesondere Deutschland, haben sich hinter den Dublin-Abkommen verschanzt und mit dem Türkei-Abkommen das Problem noch weiter verschärft. Wenn es nicht zu einer absoluten menschlichen Katastrophe kommen soll, sind wir jetzt alle gefordert, rasche Lösungen herbei zu führen.

Es reicht nicht, irgendwann in der Zukunft fünf Kindern und Jugendlichen einen Platz in Karlsruhe anzubieten. Wir müssen jetzt mit anderen Städten im Bündnis darauf drängen, dass die geflüchteten Minderjährigen und auch die Erwachsenen aus den Lagern herausgeholt werden. Wie andere Städte auch sollte Karlsruhe sich mit einer deutlich höheren Anzahl beteiligen. Bestehende Aufnahmekapazitäten müssen ausgeweitet werden. Die Jugendherberge steht leer, viele Hotelzimmer ebenfalls. Auch in der Bevölkerung gibt es Bereitschaft, hier zu helfen, wie auch an Sie gerichtete Schreiben belegen.  

Unser gemeinsamer Antrag von DIE LINKE. und Grünen zur Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen wurde bislang noch nicht in seiner Gänze im Gemeinderat behandelt und diskutiert. Die Reaktion der Stadtverwaltung dazu und die in verschiedenen Gesprächen gemachten Aussagen sind für uns bisher nicht zufriedenstellend. Wir bitten Sie deshalb unser Anliegen noch einmal zu überdenken und ein rasches Handeln auf allen politischen Ebenen einzufordern.

Wir werden unser Schreiben auch an die interessierte Öffentlichkeit geben und freuen uns auf Ihre baldige positive Antwort.

 

Mit freundlichen Grüßen

Karin Binder, Mathilde Göttel und Lukas Bimmerle

Vorstandskollektiv

Fraktion DIE LINKE.