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Beitrag zur Debatte um Corona-Bußgelder gegen Wohnungslose und Suchtkranke

Keine sinnlose Bestrafung von Wohnungslosen und Suchtkranken am Werderplatz!

Im November letzten Jahres hatte sich die Fraktion DIE LINKE angesichts von horrenden Bußgeldern gegen Wohnungslose und Suchtkranke wegen Verstoßes gegen die Corona-Verordnungen an die Stadtverwaltung und auch an die Presse gewandt. Sozialarbeiter*innen der Diakonie, die mit den betroffenen Menschen arbeiten, hatten darüber berichtet. Menschen, deren „Wohnzimmer“ teilweise die Straße oder der Werderplatz in der Südstadt ist, wurden aus unserer Sicht ohne Augenmaß mit Strafen überzogen.

Wegen wiederholt geahndeter Verstöße gegen die Corona-Verordnungen – konkreter Grund war häufig das Zusammenstehen von 3, 4 oder 5 Personen - hatten sich Bußgeldbescheide in Höhe von bis zu 16.000 Euro bei Einzelnen angehäuft. Diese Strafen sind für die Betroffenen nicht bezahlbar und sie machen keinen Sinn. Wenn sie es nicht schon sind, werden Menschen in die Verschuldung getrieben. Erste Gerichtstermine hierzu standen und stehen an.

Das zuständige Ordnungsamt sowie der vorgesetzte Bürgermeister Käuflein konnten und wollten auf unsere Hinweise und Fragen zu den aus unserer Sicht untragbaren Zuständen und zum Vorgehen der Behörden nicht weiterhelfen. Nachdem in der Presse anfänglich ungenau von „Obdachlosen“ – Menschen, die auf der Straße leben – berichtet wurde, versuchte die Stadt mit dem Hinweis abzuwiegeln, dass Obdachlose mangels Postadresse ja nicht betroffen sein könnten. Dabei hatten weder Diakonie noch wir von Obdachlosen gesprochen, sondern von „Wohnungslosen“ – Menschen, die in einer Unterbringung leben, aber keine eigene Wohnung haben – und Suchtkranken. Diese lediglich unter „Menschen mit geringem Einkommen“ zu fassen, wie die Stadtverwaltung in ihrer Presseerklärung, geht völlig an der Realität vorbei. Auch auf die horrenden Häufungen von Bussgeldbescheiden wird dort und auch bei Gesprächen nicht eingegangen oder diese in Abrede gestellt. Dabei konnten wir entsprechende Bescheide einsehen und darauf verweisen.

Im Dezember gab es Gespräche des Ordnungsamtes mit Vertreter*innen der Diakonie, um die Situation zu besprechen. Nach unseren Informationen wurden hier Absprachen getroffen, um zu einer besseren Zusammenarbeit und zu einem schnelleren Austausch zwischen Sozialarbeiter*innen und Sachbearbeiter*innen im Ordnungsamt zu kommen.

Ob es bereits Gerichtsverhandlungen gab und ob darin die Strafen bestätigt oder reduziert wurden, ist uns aktuell nicht bekannt.

Seit den Berichten in der Presse, unseren Anfragen sowie Beschwerden beim Ordnungsamt und Bürgermeister Käuflein, sind anscheinend in geringerem Maße Bußgelder wegen Verstoßes gegen Corona-Auflagen verhängt worden. Allerdings werden neuerdings nach unseren Kenntnissen vermehrt Bußgelder wegen Beleidigung und ähnlicher Vorwürfe erlassen. Vorwürfe einfach auszutauschen – auch dies wäre der falsche Weg. Wir werden die Vorgänge weiter beobachten.

Die Situation in der Südstadt mit Versammlungen von teilweise betrunkenen, lauten, manchmal aggressiven Menschen ist wahrscheinlich für direkt betroffene Anwohner immer wieder schwer auszuhalten. Aber es gibt aus unserer Sicht keinen anderen akzeptablen Weg, als die Suche nach Hilfsangeboten, die wirklich bei den Menschen ankommen. Das können Maßnahmen gegen die individuelle Wohnungsnot und Sucht sein, Angebote von Räumen wie dem A3 in der Schützenstraße, wo Alkohol getrunken werden kann oder Drogenkonsumräumen. Unter Umständen sollte die Stadt Karlsruhe auch auf erweiterte Substitutionsangebote für Drogenkranke in anderen Stadtteilen bzw. im Landkreis hinwirken. Nach Aussagen der Sozialarbeiter*innen kommen nach Schließung von entsprechenden Praxen in Ettlingen und Bruchsal immer mehr Menschen von außerhalb in die Südstadt.

Für die Fraktion DIE LINKE gilt nach wie vor: Verbote und drakonische Strafen als Umgang mit „unerwünschten“ Wohnungslosen und Suchtkranken, wie auf dem Werderplatz in der Karlsruher Südstadt, sind der falsche Weg. Die Menschen brauchen Hilfe oder Unterstützung und keine sinnlose Bestrafung.