Bericht von der Gemeinderatssitzung am 28.09.2021

Die Gemeinderatssitzung im September begann mit dem kritischen Tagesordnungspunkt über die „Entschädigung der ehrenamtlichen Tätigkeit in der Stadt Karlsruhe“. Die Stadtverwaltung hat darin eine Erhöhung der Aufwandsentschädigung für u.a. Gemeinderät*innen und Ortschaftsrät*innen zur Abstimmung gestellt. Unser Gemeinderat Lukas Bimmerle formulierte unsere Kritik: „Es ist für uns nicht das richtige politische Signal. Wir haben immer wieder gehört, dass wir auf einem Konsolidierungskurs sind und freiwillige Leistungen der Stadt in allen Bereichen gekürzt werden. Dann halten wir es jetzt nicht für sinnvoll immerhin 100.000 Euro zusätzliche Ausgaben zu beschließen.“ Auch die Rede des OB von bereits getätigten Beschlüssen zu den Erhöhungsschritten, einem Automatismus der Erhöhung der Bezüge, konnte uns nicht überzeugen. Alle anderen Fraktionen stimmten bei einer Enthaltung der Vorlage der Verwaltung zu.

Wieder war „Wohnen und Bauen“ ein größeres Thema - beim Auslegungsbeschluss für den Bebauungsplan für das Neubaugebiet „Zukunft Nord“ in der Karlsruher Nordstadt. Dort ist eins der letzten großen innenstadtnahen Grundstücke auf dem nach Berechnungen der Stadt 1400 – 1800 Wohnungen neu gebaut werden sollen. Mathilde Göttel führte in ihrer Rede aus, dass „die Beschlussvorlage der Stadt sich erstaunlicherweise ausschweigt, was die angewandte Sozialwohnungsquote angeht - 20 oder 30 Prozent?“ Welche Festlegung gilt für dieses Gebiet und damit auch für den Großinvestor GEM / CG-Gruppe, der fast 2/3 der Flächen in seinem Besitz hat? Darüber hinaus gab es im Vorfeld öffentliche Aussagen des Baubürgermeisters aber auch des Eigentümers, dass eine deutlich höhere Quote an Sozialwohnungen vorgesehen sei. Keine Rede davon im Gemeinderat. Verlässlich wäre dies nur, wenn es auch vertraglich fixiert wäre, aber die Freiheiten des Investors einschränken, wollte der Gemeinderat nicht. Des Weiteren sprach Mathilde Göttel eine zu geringe Beschränkung von Autostellplätzen auf gerade 1 Stellplatz pro Wohnung an. Eine Reduzierung auf 0,7 Stellplätze gilt als hilfreich für einen Mobilitätswende und war vorab von Planer*innen der Stadtverwaltung als Ziel genannt worden. Dies tauchte ebenfalls in der Vorlage nicht mehr auf. „Ein Möglicher Stellplatz pro Wohnung hat nichts mit einem innovativen, nachhaltig mobilen Stadtteil zu tun. Die Möglichkeit einer stadtverträglichen Mobilität bzw. einer reduzierten Autonutzung wurde nicht genutzt. Das ist einfach stinknormale Landesbauordnung - auch hier eine Chance verpasst! Die Nähe zur Innenstadt, die sehr gute Anbindung an die Straßenbahn im Osten und die Stadtbahnlinie westlich des Naturschutzgebietes sowie die vorhandenen Fuß- und Radwegverbindungen wurden nicht genutzt,“ stellte Mathilde Göttel fest.Auch den Wegfall der Parcourshalle und des Skateparks – beides tolle Bewegungsangebote für Kinder und Jugendliche und noch dazu auf städtischem Grundstück - kritisiert unsere Fraktion ausdrücklich. Eine bloße Option auf eine neue Halle, ist in unseren Augen ein nicht ausreichendes Versprechen. Der OB versuchte sich in Rechtfertigungsreden - Sprecher*innen anderer Fraktionen gaben uns teilweise recht – um dann bei der Abstimmung fast geschlossen für die Vorlage der Verwaltung und gegen unseren Ergänzungs- und Änderungsantrag zu stimmen.

Das Thema Schule war Gegenstand mehrerer Vorlagen der Verwaltung. Unter dem Titel „Strategie: Rechtsanspruch auf ganztägige Bildungs- und Betreuungsangebote für Grundschulkinder ab dem Schuljahr 2026/27“ wurde eine grundsätzliche Konzeption der Stadt vorgestellt. Unsere Stadträtin Karin Binder kritisierte die Vorlage bzw. das Vorgehen der Stadt: „Wir stimmen selbstverständlich für einen Ganztagesanspruch an den Schulen. Mit den bestehenden Ressourcen können wir aber schon das bisherige Programm nicht bearbeiten - es fehlt an Räumen und Personal. Dementsprechend sind wir sehr skeptisch, dass dieses vorgelegte hoch flexible Programm mit bestehenden Ressourcen gewährleistet werden kann.“ Ein weiterer Kritikpunkt: das Konzept sieht eine große Flexibilität hinsichtlich eines Nachmittagsunterrichts bzw. einer Nachmittagsbetreuung vor und rückt diesbezüglich deutlich von einer einheitlichen Ganztagsschule für alle ab. „Flexibilität sehe ich für die Eltern, Kinder brauchen hingegen Regelmäßigkeit. Gerade Kinder mit hohen Bedarfen seien darauf häufig angewiesen. Auch das Thema Mittagessen würde dazu gehören und wäre für mich wichtiger Baustein einer Ganztagesschule,“ kritisierte Karin Binder die vorliegenden Planungen. Aufgrund dessen stimmten wir gegen die Vorlage.

Des Weiteren wurde die Fortführung des Programms „Ganztagsangebote für Vorbereitungsklassen“ für geflüchtete und „neuzugewanderte“ Kinder und Jugendliche beschlossen. Auch die Möglichkeit für eine Betreuung von Kindern und Jugendlichen durch Schulen und weitere Einrichtungen der Jugendhilfe der Freien Träger wurde beschlossen. Beidem haben wir zugestimmt.

Etwas hitziger wurde es beim TOP „Betriebsratsmitglieder als Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten in alle Aufsichtsräte städtischer Gesellschaften einbinden“. Wir hatten einen Antrag eingebracht mit der Vorgabe, dass grundsätzlich in allen Gesellschaften stimmberechtigte Vertreter*innen in den Aufsichtsgremien eingebunden sein sollten. Karin Binder betonte die Notwendigkeit u.a. mit Hinweis auf das Staatstheater, wo der Personalrat trotz anderslautender Beteuerung immer wieder zu wenig – von einer echten Mitbestimmung zu schweigen – gehört wird. Sie sprach sich gegen ein Zwei-Stufen-Modell aus: zunächst dürfen die Betriebsrät*innen teilnehmen und werden gehört und irgendwann in der Zukunft könnten sie dann Stimmrecht erhalten. Nicht unerwartet wurde ein solcher (wachsweicher) Plan vom OB und anderen Fraktionen befürwortet und beschlossen. Unserem Vorschlag folgte nur eine kleine Minderheit von Gemeinderät*innen.

Das Staatstheater stand mit unserem Antrag zur Neuaufstellung der Leitungsebene des Badischen Staatstheaters auf dem Programm. Eher hitzig zurückgewiesen wurde unsere Sichtweise, dass auch hier der Personalrat zu wenig in den aktuellen Entscheidungsprozess eingebunden wird.

Ein letzter Punkt auf den wir in diesem Bereich eingehen wollen, war initiiert durch unseren Antrag „Aktive Entsiegelung von öffentlichen Flächen in der Stadt vorantreiben“. Mit der Sichtweise der Stadt, dass hier schon alles Notwendige getan wird, haben wir uns nicht abspeisen lassen. Interessant auch, dass die Grünen wieder einmal vermieden haben unserem Antrag und unseren Überlegungen zuzustimmen, um mit einem eigenen Antrag fast das Gleiche zu sagen. Anscheinend wird es als Niederlage angesehen, der LINKEN-Fraktion zuzustimmen. Ein Vorgehen, das guten Entscheidungen nicht wirklich dienlich ist. Unser Stadtrat Lukas Bimmerle stellte hierbei klar, dass es einen Paradigmenwechsel geben müsse: „Wir müssen jetzt aufgrund des Klimawandels agieren. Wir fordern eine systematische Kartierung möglicher Entsiegelungsflächen und fordern, gezielt Maßnahmen vorzunehmen, um den Grad der Versiegelung zu verringern und steigenden Temperaturen entgegenzuwirken.“ Entsiegelung nur auf Baustellen zu beschränken, die aus anderen Gründen eingerichtet würden, finden wir nicht ausreichend. Den Beginn in besonders belasteten Quartieren zu beginnen, wie von den Grünen gefordert, sehen wir nicht als Widerspruch zu unserem Antrag.“