Gemeinderatsinitiativen

Anträge, Anfragen und Briefe/Schreiben sind wichtige Instrumente, mit denen wir als Fraktion unsere parlamentarische Arbeit vorantreiben können. Die entsprechenden Initiativen, die die Fraktion DIE LINKE. im Gemeinderat Karlsruhe auf allen Gebieten der Politik eingebracht hat, werden auf dieser Seite aufgeführt.

In der Liste unten werden alle Initiativen nach Aktualität aufgelistet. In der Spalte rechts sind die Initiativen-Dokumente archiviert.

Aktuelle Initiativen

Änderungsantrag zu „TOP 9 Klimaschutzkonzept“: Klimaschutzkonzept 2030 sozial, ökologisch und partizipativ gestalten

Der Gemeinderat möge Folgendes beschließen:

  1. Die Klimaneutralität für Karlsruhe wird zum Jahr 2035 angestrebt. Der Zielwert (CO2 pro Kopf und Jahr) wird dementsprechend angepasst. (Punkt 2.b) der Vorlage)
  2. Die Stadtverwaltung soll bis zum Jahre 2035 klimaneutral sein. (Punkt 2.c) der Vorlage)
  3. Bei der Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes bzw. des Maßnahmenkatalogs werden folgende Gesichtspunkte berücksichtigt:
    1. Die Maßnahmen werden hinsichtlich sozialer Verträglichkeit ausgestaltet. Das heißt: führt die Umsetzung einer Maßnahme zu zusätzlichen Kosten für Privathaushalte mit geringen Einkommen (z.B. Inhaber*innen des Karlsruher Passes), werden entsprechende Kompensationen für diese Haushalte vorgesehen. Im Rahmen von steigenden Stromkosten durch Umstellung auf erneuerbare Energien kann dies z.B. die Einführung eines sozial gestaffelten Stromtarifs bei den Stadtwerken sein.
    2. Neue Finanzierungsquellen sollen im Rahmen der Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes geprüft und entsprechende Umsetzungskonzepte entwickelt werden.
      1. Die Stadt setzt sich für eine konsequentere Klimapolitik von Bund und Land ein. Es ist bei Bund und Land darauf hinzuwirken, dass bestehende Programme zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen, insbesondere für die Kommunen, massiv aufgestockt und bei Bedarf neue Programme aufgelegt werden. Ebenfalls tritt die Stadt für die Schaffung weiterer rechtlicher Möglichkeiten zur Einführung neuer kommunaler Finanzierungs-quellen auf den verschiedenen politischen Ebenen ein.
      2. Große Firmen und Konzerne, als Hauptverursacher von CO2-Emissionen, sollen stärker an den Kosten zur Umsetzung bzw. Gestaltung des Klimaschutzkonzeptes  beteiligt werden. Kleinbetriebe und Privathaushalte sind zu entlasten. Die Stadt Karlsruhe soll sich beim Land dafür einsetzen, dass entsprechend eine Klimaschutzabgabe von großen Unternehmen erhoben werden kann.
    3. Es sind insbesondere Maßnahmen zu planen und umzusetzen, die die Partizipation der Bürger*innen  fördern.  Bürger-Energiegenossenschaften, Fahrrad-Sharing, Reperatur-Cafés sind hierfür Beispiele.
  4. Die Verwaltung wird beauftragt, die im Klimaschutzkonzept genannten Maßnahmen,  über den Rahmen  der bestehenden  Organisationsstruktur hinaus, verstärkt auch mit Akteur*innen der  Zivilgesellschaft auszuarbeiten. Die bisherige Einbindung der Karlsruher Öffentlichkeit über den Prozess der Bürgerbeteiligung ist zu überprüfen und ein Vorschlag zur weiteren Zusammenarbeit vorzulegen.  
  5. Der jetzt vorgesehene Maßnahmenkatalog kann jederzeit durch den Gemeinderat in Zusammenarbeit mit den zuständigen Gremien durch weitere Maßnahmen oder Änderung bzw. Streichung bestehender Maßnahmen kontinuierlich geändert und neuen Erfordernissen angepasst werden. Für jedes Jahr wird entsprechend „Anlage 4 Monitoring“ ein Jahresplan erstellt. Diese Planung kann neue Maßnahmen beinhalten, die bisher nicht im Maßnahmenkatalog beinhaltet sind. Der Jahresplan wird jeweils im Gemeinderat beschlossen und ist, wie beschrieben, Grundlage für die Planung der erforderlichen Finanzmittel und personellen Ressourcen. Ein entsprechendes Vorgehen wird im Rahmen der Organisationsstruktur des Klimaschutzkonzepts entwickelt.

 

Begründung:

Der Stellenwert der Klimaschutzpolitik ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen schon lange vor einer bevorstehenden Klimakatastrophe. Wetterextreme, wie beispielsweise trockene, heiße Sommer, schmelzende Gletscher und Starkregenfälle, geben uns eine Ahnung über die bevorstehende Entwicklung. Die nationale und internationale Politik reagiert bislang in nicht ausreichendem Maße. Vereinbarte Klimaziele werden nicht umgesetzt oder sind zu ambitionslos und zaghaft, um dem Klimawandel angemessen begegnen zu können. Einer Umsetzung der notwendigen Maßnahmen vor Ort kommt hohe Bedeutung zu. Kommunen sind wichtige Akteure für eine engagierte Klimaschutzpolitik. Städte und Gemeinden haben die Möglichkeit, sich eigene, ambitioniertere Klimaschutzziele zu stecken. Gleichzeitig können sie Einfluss darauf nehmen, welche Maßnahmen, wie und von wem umgesetzt werden. Klimaschutzpolitik lässt sich vor Ort gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern gestalten. Bürgerenergiegesellschaften beispielsweise  bieten die Möglichkeit, Klimaschutz und Energiewende sozial verträglich, ökologisch und gemeinschaftlich zu gestalten.

Karlsruhe hat mit dem „Klimaschutzkonzept 2030“ einen „Gestaltungsplan“ erarbeitet. Die Ziele sind jedoch angesichts der nahenden Klimakatastrophe nicht mutig und entschlossen genug. Die Klimabewegung fordert als Zielsetzung eine Klimaneutralität bis 2035 – auch Länder, wie Finnland verfolgen dieses Ziel bereits. Finnland weist dabei pro Einwohner nur unwesentlich geringere Emissionen als Deutschland auf[i].

Aspekte sozialer Gerechtigkeit fehlen im Klimaschutzkonzept 2030 weitestgehend. Privathaushalte mit geringen Einnahmen sind von den steigenden Kosten, die durch Maßnahmen des Klimaschutzkonzepts entstehen, zu entlasten. Die Kosten der Klima- und Energiewende müssen vor allem von denen getragen werden, die maßgebliche Verursacher der CO2 Emissionen sind, wie Industrie und Energiewirtschaft[ii].

Um dies umsetzen zu können und damit  die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen kommunal finanzieren zu können, bedarf es der rechtlichen Voraussetzungen für zusätzliche Finanzierungsquellen der Kommune, wie z.B. einer kommunalen Arbeitgeber-Nahverkehrs-Sonderabgabe bzw. einer Nahverkehrssonderabgabe für PKW-Halter oder eine City-Maut. Klimaschutz ist Aufgabe aller politischen Ebenen und Institutionen, aber die Energiewende muss dezentral und kommunal organisiert werden. Wirtschaftliche Interessen und Profitstreben großer (Energie-)Konzerne stehen häufig im Widerspruch zu einem kommunalen und sozialen Klimaschutz. Notwendige Infrastruktur muss den kommunalen Interessen entsprechen. Eine zukünftige Energieversorgung muss demokratisch gestaltbar bleiben.

Hierzu braucht es eine fortlaufende, kritische Überprüfung und konstruktive Fortschreibung des Klimaschutzkonzepts - von Seiten der Politik als auch der Zivilgesellschaft. Die wenigen aus dem bisherigen Beteiligungsprozess in das Konzept aufgenommenen Vorschläge der Zivilgesellschaft stehen nicht im Verhältnis zur hohen Beteiligung und den qualifizierten Rückmeldungen aus den Organisationen und vieler Einzelpersonen. Nur durch Einbindung der Öffentlichkeit kann sichergestellt werden, dass sozialer und ökologischer Klimaschutz im Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner Karlsruhes umgesetzt werden kann und die notwendigen Ziele erreicht werden.

 

Unterzeichnet von:

Karin Binder
Lukas Bimmerle

Mathilde Göttel

 


[i]www.fr.de/politik/klimaschutz-finnland-will-2035-klimaneutral-sein-13255148.html

[ii] vgl BMU, 2018, S. 28 ff. www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/klimaschutz_in_zahlen_2018_bf.pdf