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Unser Bericht aus dem Gemeinderat am 19. Oktober

Der Gemeinderat am 19.10.21 war erfüllt von viel „göttlichem Segen“. Gerade einige der älteren männlichen (eher) konservativen Mitglieder des Gemeinderats gaben der ausscheidenden Grünen Gemeinderätin Zoe Mayer „göttlichen Segen“ mit auf dem Weg in den Bundestag in Berlin. Ob dies sich dort in guter Politik niederschlägt?

Der wichtigste Punkt im Gemeinderat war die Einbringung des Haushaltsentwurfs für die Jahre 2022/2023 durch OB Mentrup und die Finanzbürgermeisterin Luczak-Schwarz. Mit den Worten: Die „fetten Jahre sind vorbei“ und „von wenigen Ausnahmen abgesehen – [müssen wir] in einer für uns unvorstellbaren Weise reduzieren“, führte der OB in die Vorstellung eines Sparhaushalts ein. Das war nicht unerwartet – einige der damit geplanten Einsparungen aber vor allem auch das Vorgehen der Stadtverwaltung – hatten wir bereits kritisiert.

Insbesondere die Sichtweise des OB, dass er –aufgrund seines Amtes – gemeinsam mit den Bürgermeister*innen, einen Sparhaushalt quasi verfügen könne, werden wir weiter widersprechen. Die Stadtverwaltung darf und soll mit einem Haushaltsentwurf Vorschläge machen, sie hat auch die Aufgabe, die Finanzlage der Stadt darzustellen, ABER: Es ist und bleibt Aufgabe des Gemeinderats den Haushalt zu beschließen. Damit bleibt es auch in der Verantwortung des Gemeinderats zu beschließen, ob – nur um ein griffiges Bespiel zu wählen - ein (Auto)Straßenprojekt gestrichen wird, um 10 Sozialprojekte zu finanzieren.

Es wurden „Tricks“ vorgestellt, wie schlechte Zahlen im Haushalt verschoben werden – vom städtischen Haushalt hin zu den städtischen Gesellschaften – und Einsparungen in fast allen Bereichen gefordert. Die Gesamtzahlen der Einsparungen sind vielleicht nicht extrem hoch, aber aus unserer Sicht immer im Einzelnen zu prüfen. Außerdem stellte der OB den Plan vor, die Hebesätze für Gewerbesteuer und Grundsteuer und damit städtische Einnahmen zu erhöhen. (Hat er diese Idee von unserer Fraktion übernommen? Wir hatten dies bereits vor einem Jahr gefordert, um viele wichtige Projekte insbesondere im Sozial- und Kulturbereich finanzieren zu können. Etwa 15 - 20 Millionen zusätzlicher Einnahmen hätten der Stadt dann bereits dieses Jahr zur Verfügung gestanden.)

Wichtig aus linker Sicht zu erwähnen ist, dass der aktuelle Sparhaushalt nur ein Auftakt für die nächsten Jahre sein soll. Die Schulden der Stadt werden insbesondere aufgrund von Fehlplanungen der Stadt – das Projekt Kombilösung ist nur ein Beispiel – von Ende 2021 bis Ende 2023 um ca. 150% auf ca. 1 Milliarde Euro ansteigen. Umfangreiche und dauerhafte Einsparungen insbesondere bei den städtischen Bediensteten aber auch bei städtischen Leistungen sind angekündigt. Bereits Anfang nächsten Jahres sollen diese Einschnitte konkretisiert werden. Die Haushaltsberatungen haben jetzt begonnen. Wir werden Anträge zu für uns wichtigen Themen stellen, wir werden versuchen die Öffentlichkeit über die Planungen zu informieren und uns auf die abschließenden Beratungen Anfang Dezember vorbereiten.

Nach der Einbringung des Haushaltsentwurfs erfolgte der Übergang zum „normalen“ Gemeinderatsablauf.

Bezüglich einer Fortschreibung des Gesamtkonzepts “Sozialer Arbeitsmarkt“, dass sich u.a. mit städtischen Maßnahmen zur Unterstützung von Langzeitsarbeitslosen befasst, betonte unsere Stadträtin Karin Binder die Wichtigkeit der Arbeitsförderungsbetriebe Karlsruhe: „Es ist wichtig, insbesondere nach Corona, auf Langzeitarbeitslose zu schauen und diese zu unterstützen. Je früher jemand aus der Langzeitserwerbslosigkeit herauskommt, umso leichter fasst diese*r wieder Fuß. Alle Menschen, die aus eigenen Stücken nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt bestehen können, haben Anspruch Teil dieser Gesellschaft zu sein und da ist Arbeit ein wichtiger Faktor.“ Wichtig sei es auch, dass die Stadt eigene Arbeitsplätze erhalte und schaffe. „Ich wünsche mir, dass das von Seiten der Stadt weitergeführt wird,“ betonte Karin Binder zum Abschluss ihrer Rede.

Die Weiterführung des Drogenkonsumraums K76 in der Kriegsstraße und des „Akzeptierenden Alkoholkonsumraums“ A3, der bald in die Ettlingerstraße umziehen wird, waren ebenfalls Thema im Gemeinderat. Karin Binder begrüßte beide Unterstützungsangebote ausdrücklich und freute sich über eine fraktionsübergreifende Zustimmung zur Fortführung der Angebote. Sie betonte die Notwendigkeit der Angebote, die infolge der Corona-Pandemie eher weiter gestiegen sei und das Ziel, „die Würde von Menschen zu wahren, die mit einer Krankheit nicht mehr klarkommen“.

Anlässlich einer Stellungnahme der Stadt, die sich mit der Zukunft des alten Kohledampfkraftwerks RDK 7 im Karlsruher Rheinhafen beschäftigte, hatte es vor dem Gemeinderat eine Kundgebung von Mitgliedern von Umweltverbänden, von Fridays for Future und dem Karlsruher Klimakollektiv gegeben. Diese forderten eine sofortige Stilllegung des RDK 7, bzw. – so das Klimakollektiv mit einem Flugblatt - auch eine sofortige Stilllegung des weiteren Kohledampfkraftwerkes RDK 8. Unsere Fraktion hatte einen Änderungsantrag eingebracht, mit dem wir eine Stilllegung von RDK 7 spätestens mit Ablauf der aktuellen sogenannten „Wasserrechtlichen Genehmigung“ forderten. In ihrer Rede nahm unsere Stadträtin Karin Binder die Aufforderung zur Stilllegung des RDK 7 auf und bedankte sich ausdrücklich bei all denen, die in letzter Zeit diese Forderung öffentlich publik gemacht hatten und auf die Straße gegangen waren: „Ohne diese vorwiegend jungen Menschen wären wir nicht so weit“. Anschließend führte sie die Folgen der massiven Einleitung von stark erhitztem und mit Schadstoffen verseuchtem Wasser in den Rhein für Flora und Fauna als auch für die Trinkwasserversorgung von Rheinanwohner*innen aus. Unser Ergänzungsantrag wurde abgelehnt - auch von den Grünen - und so blieb es bei der vorgelegten Stellungnahme der Stadt, die auf Einhaltung der Erklärung der EnBW hofft, das Kraftwerk 2022 (oder 2023?) stillzulegen.

Schließlich noch zu zwei Punkten, die die weitere Innenstadtentwicklung sowie Radverkehrsplanung betrafen. Unsere Stadträtin Mathilde Göttel nahm hier für unsere Fraktion jeweils Stellung. Für den Bereich zwischen Marktplatz und Mühlburger Tor wurde ein größeres Sanierungsgebiet ausgewiesen. Mathilde Göttel forderte klare Konzepte und betonte ihre Ungeduld bezüglich des langsamen Tempos der Planungen: „Eine Belebung des Bereichs zwischen Mühlburger Tor und Europaplatz kommt nicht voran“, „Hof-Innenräume müssen grün werden“. Sie kritisierte, dass bezahlbarer Wohnraum mit Hinweis auf Einhaltung des „Karlsruher Mietspiegels“ geschaffen werden solle: „ich bin darüber gestolpert, dass der Mietspiegel als Maßgabe für bezahlbaren Wohnraum herangezogen wird.“ Mit dem Mietspiegel würden bestehende und erwartete überhöhte Mieten aufgrund der Innenstadtlage als Maßstab festgeschrieben. [siehe Rede von Mathilde Göttel im GR vom 24.11.2020] Bezahlbare Mieten resultieren daraus nicht. Die Vorlage der Stadtverwaltung mache – vornehm ausgedrückt – keinen Sinn und sei Beleg für eine verfehlte Wohnungspolitik, die den großen Bedarf an bezahlbaren, preiswerten Wohnungen nicht abdecken wird.

Schließlich wurde noch das „Karlsruher Programm für Aktive Mobilität“ - Weiterentwicklung des 20-Punkte-Programms zur Förderung des Radverkehrs und Ergänzung von Aspekten für den Fußverkehr“ besprochen und beschlossen. Dahinter verbirgt sich das Ergebnis einer umfassenden Diskussion der Stadtverwaltung und Gemeinderät*innen mit Akteur*innen der Zivilgesellschaft von ADFC bis Fridays for Future und der partiellen Einbeziehung der Karlsruher Bevölkerung. Das Konzept soll nun die weitere Ausrichtung des Ausbaus des Radverkehrs aber auch des Fussgängerverkehrs für die kommenden Jahre festlegen. Dass Oliver Schnell für die AFD wieder mal einen „Krieg gegen die Autofahrer“ herbeischwadronierte, war erwartbar. Mathilde Göttel, die bereits im vorauslaufenden Verfahren die Weichen mitgestellt hatte, stellte nach kurzem Schwenk die Zusammenhänge wieder her: „Die Zusammenfassung der Autoritären Rechtsnationalisten hat mich noch mehr überzeugt, zuzustimmen.“ „Es ist wichtig, dass Fussgänger*innen als schwächstes Glied der Kette benannt werden. Sowohl beim Fussverkehr als auch beim Radverkehr sind wir in den letzten Jahren kaum vorangekommen. […] Wichtig ist, dass wir ambitioniert weitergehen, dass wir Radwege anlegen, Rad-Stellplätze anlegen und auch die Prioritäten zwischen Autoverkehr und Flächen für Autos einerseits und den Notwendigkeiten eines Ausbaus des Radverkehrs andererseits neu bestimmen. […] Wichtig ist, dass wir an Fussgänger*innen denken und an ältere Menschen denken. Auch deshalb den Öffentlichen Nahverkehr mitdenken. Unsere Fraktion ist bereit mutig voranzugehen und die erforderlich Finanzmittel dafür bereitzustellen.“ Sie schloss mit einem Dank an alle Beteiligten für die aus ihrer Sicht gute Handlungsgrundlage für die Stadt in den nächsten Jahren.