Aktuelles
Antrag: Nein zu populistischer Symbolpolitik durch eine restriktive und diskriminierende Bezahlkarte!
Der Gemeinderat möge beschließen:
Der Oberbürgermeister und der Gemeinderat Karlsruhe
1. sprechen sich gegen die Einführung einer Bezahlkarte aus, die mit einer pauschalen Bargeldobergrenze und Einschränkungen beim Zahlungsverkehr verbunden ist;
2. setzen sich beim Städtetag und darüber hinaus auf Landesebene dafür ein, dass die Bezahlkarte wieder abgeschafft wird.
3. prüfen Schritte, um eine Klage gegen die Bezahlkarte einzureichen oder sich einer Sammelklage anzuschließen.
Begründung:
„Die Bezahlkarte in ihrer restriktiven Form verletzt den grundrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Dieser Anspruch ergibt sich aus der Menschenwürde des Art. 1 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG für alle Menschen in Deutschland unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrem Aufenthaltsstatus. Die Bezahlkarte hat auch eine diskriminierende Wirkung und verletzt das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz aus Art. 3 Abs. 1 GG.“ (Freiheitsrechte.org)
Die Bezahlkarte sollte angeblich eingeführt werden, um die Verwaltung zu entlasten. Mittlerweile belegen interne Dokumente das, was zivilgesellschaftliche Organisationen schon von Anfang an gesagt haben: die Bezahlkarte soll primär dazu dienen, Geflüchtete einzuschränken. Es sollte gesteuert werden, wofür Schutzsuchende ihr Geld ausgeben.
Fantastereien darüber, die Einkaufsfrequenz einzuschränken, bestimmte Warengruppen wie Alkohol und Tabak vom Kaufbaren auszuschließen und die Bezahlkarte auch auf andere Sozialhilfebeziehende auszuweiten, zeigen, welche unmenschlichen Vorstellungen im Erarbeitungsprozess vorherrschten. Wir sagen ganz klar Nein! zu dieser Form der institutionalisierten Diskriminierung gegen Menschen, die am Existenzminimum leben.
Das von Bund und Ländern geplante Modell einer Bezahlkarte mit strengen Beschränkungen ist aus grundrechtlicher Sicht problematisch. Es führt dazu, dass grundlegende Bedürfnisse, die zum Existenzminimum gehören, entweder nicht mehr oder nur noch zu höheren Preisen gedeckt werden können. Auch der Deutsche Städtetag kritisiert die pauschale Bargeldobergrenze als zu „starr“.
Jeder Mensch hat das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus. Politisch motivierte Leistungskürzungen, etwa um Schutzsuchende abzuschrecken, sind unzulässig, denn migrationspolitische Ziele ändern nichts an den Bedürfnissen der in Deutschland lebenden Menschen. Es muss daher gewährleistet sein, dass der individuelle Bedarf tatsächlich gedeckt werden kann.
Zudem wird die Bezahlkarte in vielen Geschäften nicht akzeptiert. Kleine Läden, Supermärkte oder Imbisse lehnen häufig Kartenzahlungen ab, weil dadurch Gebühren entstehen. Auch auf Flohmärkten und Wochenmärkten ist sie meist nicht nutzbar. Wichtige Dienstleistungen wie die Anmeldung in Sportvereinen, der Abschluss von Telefon- und Internetverträgen oder die Zahlung von Anwaltsgebühren für Asyl- und Aufenthaltsverfahren sowie Dolmetscherkosten bei Arztbesuchen können mit der Bezahlkarte meist nicht beglichen werden. Auch Überweisungen, Online-Einkäufe, Lastschriftverfahren und digitale Zahlungsoptionen sind mit dieser Karte nur möglich, wenn die anbietenden Unternehmen auf einer sogenannten Positivliste der Behörden stehen. Geografische Beschränkungen der Bezahlkarte erfordern eine Einzelfallprüfung, wenn betroffene Personen das Gebiet verlassen wollen.
Für viele Alltagssituationen und Überweisungen sind somit Einzelfallprüfungen erforderlich, was den Verwaltungsaufwand der Behörden erheblich erhöht. Das Amt für Migration hat vor dem Sozialgericht Hamburg bestätigt, dass es einen enormen Verwaltungsaufwand verursachen würde, wenn in jedem Einzelfall neue Berechnungen vorgenommen werden müssten.
In der Folge sind Klagen zu erwarten. Derzeit läuft beispielsweise vor dem Sozialgericht Chemnitz eine Klage einer Person, die seit sieben Jahren in Deutschland lebt und seit drei Jahren eine eigene Wohnung hat, aber aufgrund der Bezahlkarte ihre Stromkosten nicht überweisen kann. Auch in Hamburg wurde bereits Klage eingereicht.
Fazit: Eine restriktive Bezahlkarte mit einer pauschalen Bargeldobergrenze und eingeschränkten Überweisungsmöglichkeiten behindert die Integration und Teilhabe und führt zu gesellschaftlicher Ausgrenzung sowie zu einer Einschränkung der Rechte von geflüchteten Menschen. Was wir in Karlsruhe brauchen, ist keine diskriminierende Symbolpolitik, sondern eine Politik der Menschenwürde und Solidarität!
Unterzeichnet von:
Franziska Buresch
Anne Berghoff
Tanja Kaufmann